
09 Okt 5 Fragen: Wann weiß ich, ob es das Richtige für mich ist?
Gründen, Start-Up, sich selbständig machen. Über sowas habe ich mir anfangs keine Gedanken gemacht. Ich habe als Freelancerin einfach losgelegt. Nachdem ich gekündigt hatte, kam eine Textanfrage, ein großer Auftrag auf mich zu, der alle Fragen über Kleinunternehmerregelung obsolet machte. Es ging sofort in die Vollen. Einzig eine Ummeldung beim Finanzamt war nötig. Und bereit sein für eine steile Lernkurve: Wie schreibe ich Angebote, wie muss eine Rechnung aussehen, wie organisiere ich meine Buchhaltung. Während der Gespräche mit meiner Auftraggeberin kam die ganze Selbständigkeit ins Rollen.
Brauche ich: Anwalt, Steuerberater, Webdesigner (*innen), Software, Versicherungen, Arbeitszimmer/Office, Visitenkarten, Netzwerk, Vermittleragenturen?
Antwort: Ja, brauchte ich alles.
Das ging die ersten Aufträge lang gut. Ich war rechtlich abgesichert, ich lernte Vermittleragenturen kennen und ihre Verhandlungsspiele, ich knüpfte an Netzwerke an, ich wurde immer besser darin, meine xls-Tabelle unter Kontrolle zu halten, lernte die Umsatzsteuer-Voranmeldung mit dem Elster-Portal rechtzeitig abzuschicken und und und.
Geht das jetzt immer so weiter? Von Auftrag zu Auftrag. Von Unternehmen zu Unternehmen. Von Jahr zu Jahr?
Antwort: Nein, für mich nicht.
Ohne Angst keinen Mut
Die wichtigsten Fragen verfolgten mich den ersten erfolgreich abgeschlossenen Projekten und hielten sich hartnäckig:
- Was ist Dein USP? Was grenzt Dich von anderen Freelancern ab?
- Habe ich den Mut zur Lücke?
- Wohin will ich mich entwickeln? Was will der Markt und was will ich?
- Was mache ich, wenn der Markt mich mit meinem Angebot nicht braucht?
- Oder doch wieder in die Anstellung, vielleicht in Teilzeit, um beides zu haben?
Ich hatte mir zweimal 1/2 Jahr Mut zur Lücke erlaubt, um mir die erste, dritte und vierte Frage zu beantworten. Dazwischen war ein Auftrag notwendig und Zeit, die ersten Ideen reifen zu lassen. Dann ging es weiter.
Ich habe ich mir mehr und mehr Hilfe gesucht, Input, Wissen und Feedbacks durch eine Gründungsberatung, Netzwerkabende, Weiterbildungen, den Austausch mit Gleichgesinnten. In diesem Jahr ging es sowohl euphorisch bergauf, als auch zweifelnd bergab. Gerade im Tal drängte sich dann die fünfte Frage auf. Ich werde sie mir vielleicht nie ganz zu 100% fix beantworten. Denn Zeiten des Zweifelns gehören dazu. Sie zwingen mich zur Reflektion. Ich muss zwischendurch den Kopf in den Sand stecken und an mir und der Welt verzweifeln. Das geht ein paar Tage. Dann legt sich ein Hebel um. Von ganz allein. Und meine innere Stimme spricht endlich wieder mit mir und es geht bergauf.
Heute ist so ein kleiner Gipfeltag: Ich weiß, dass ich immer von meinen Werten geleitet werde. Egal, was die Anforderungen von außen sind. Das heißt für mich: Nein sagen können. Weil das Platz für ein Ja lässt. Geduld und Zuversicht verankern. Das strahlt aus und kommt zu Dir zurück. Pragmatisch und flexibel bleiben. Für mich bedeutet das, die fünfte Frage als Back-Up, als Plan B, als gute Lösung betrachten, wenn es nicht mehr anders geht.
So habe ich bis jetzt immer meinen Platz gefunden. Mal ruckelig, mal ganz einfach so. You always get, what you give.
Und ja, die Selbständigkeit ist immer noch das Richtige für mich. Solange, bis sie es nicht mehr ist. 🙂