
30 Jun Dialoge in der Realität und in der Fiktion – ein und dasselbe? Erreichbar #1
Blogbeitrag zur Videofolge „Dialoggestaltung“ in der Erreichbar mit Kommunikationstrainerin Barbara Wanning
Ein Gespräch an der Supermarktkasse, am Gartenzaun, im Lehrerzimmer. Worüber unterhalten sich die Personen? Und warum tun sie das?
In der Prosa gibt es immer einen Grund oder eine konkrete Absicht für ein Gespräch zwischen zwei, drei, mehreren Figuren – im realen Alltag kann man den Sinn des ein oder anderen Gesprächs schonmal hinterfragen.
Dialoggestaltung beim Schreiben ist eine große Kunst, sprich, der bewusste und gekonnte Einsatz von Dialogen als Stilmittel: Hier wird nichts dem Zufall überlassen, während in der Realität gerne mal nur ein bisschen „palavert“ wird. Dialoge erfüllen in der Prosa wichtige Funktionen. Welche das sein können, darüber haben Barbara und ich uns in an der frisch eröffneten „Erreichbar“ unterhalten.
In Kürze sei noch einmal zusammengefasst:
- Dialoge liefern wichtige Informationen für eine Figur oder für uns Leser
- Dialoge treiben eine Handlung voran
- Dialoge dienen der Charakterisierung der Figuren (der sprechenden, aber auch der nicht-anwesenden, d.h. über die im Dialog gesprochen wird)
In unserem knapp 15-minütigen Talk spreche ich davon, dass Dialoge immer eine wichtige Funktion übernehmen und daher nie einfach so eingesetzt werden. Es geht darum, Dialoge so zu gestalten, dass sie:
- eher knapp gehalten werden (seitenlange Monologe sind eine Ausnahme und Genre-abhängig)
- einen unterhaltsamen, spannenden Schlagabtausch liefern
- die individuelle Redeweise der Figuren widerspiegeln
- nicht künstlich und steif wirken
Dialoge im echten Leben klingen anders als Dialoge in der Fiktion. Dialoge in der Fiktion wiederum sollten so echt klingen wie im echten Leben.
Wie gelingt uns die Dialoggestaltung beim Schreiben?
- Indem wir in unserem Alltag viel zuhören und beobachten.
- Indem wir reale Gespräche aufschreiben und lernen, sie auf das Wesentliche zu reduzieren. Eine Regel lautet: nicht länger als zwei Zeilen Dialogtext. Dann darf die Figur etwas tun, eine Beschreibung folgt, bevor sie fortfährt. Wer beim nächsten Buchlesen einmal darauf achten will…
- Indem wir unsere Figuren sehr genau kennen und ihren Charakter erfasst haben. Als Autor*in wissen wir, was sie sagt und meint und verbergen will.
- Am Ende hilft es, sich die Dialoge laut vorzulesen und zu hören, ob sie wirklich so „sprechbar“ sind.
Im Video sage ich, dass die Beziehung der Figuren nach einem Dialog „nicht mehr so war wie vor dem Dialog.“ Hier möchte ich ergänzen oder mich korrigieren: Es geht im weitesten Sinne um die Szene, die sich nach einem Dialog verändert haben wird. Das schließt die Beziehung der Figuren mit ein, muss aber nicht.
Es kann sein, dass der Dialog einen Konflikt angefeuert oder Spannung aufgebaut hat, dass Ungesagtes auf den Tisch kommt oder mindestens eine Figur zerstritten, verwirrt, verunsichert aus der Szene geht.
Es kann aber auch sein, dass eine der Figuren einen entscheidenden Hinweis bekommen hat, und danach weiter ermitteln kann, ihrem Ziel ein Stück näher gekommen ist – oder oder oder.
Vielleicht war es auch ein Informationsaustausch zweier Nebenfiguren über ein herannahendes Gewitter, und als Leser wissen wir, dass da draußen unsere Helden im Berg gerade zu einer Wanderung aufgebrochen sind.
Spannungsaufbau im Dialog: Das Ungesagte durchschimmern lassen.
Im Unterhaltungsgenre – von RomCom bis Thriller – spielt der Subtext eine entscheidende Rolle.
Das Ungesagte. Das, was hinter dem Gesagten lauert, was aber nicht direkt ausgesprochen werden kann, darf oder soll. Die eigentliche Besorgnis, eine Angst, eine Enttäuschung, die Wahrheit…
Meist führt das Mitschwingen des Ungesagten zu kleineren Plottwists oder zu dem zentralen Konflikt. Mit purer Absicht!
Wenn sie Spannung aufbauen, umso besser. Im Idealfall erzeugen Dialoge eine indirekte Spannung, ohne dass etwas „passiert“. Dann haben wir als Autor*innen das erreicht, was eine Kommunikationstrainerin unbedingt vermeiden, bzw. verhindern würde. Allein wegen des Ziels des Spannungsaufbaus bzw. -abbaus haben wir uns auf das Thema Dialoggestaltung gestürzt – und sicher nicht das letzte Mal darüber gesprochen.
Eine wichtige Gemeinsamkeit von Autor*innen und Kommunikationstrainer*innen: Das Erkennen von Subtext.
Es bedarf einen genauen Blickes auf die Sprechenden, das Schulen unserer Beobachtungsgabe – in der Realität wie in der Fiktion – ob hier wirklich das gesagt wird, was gesagt wird, oder ob dahinter etwas liegt, was eigentlich gesagt werden wollte.
Gestik, Mimik, Tonfall, ausweichenden Handlungen sind für Autor*innen Stilmittel und für Coaches Hinweise, um Spannung auf- bzw. abzubauen.
Hört einfach mal rein in unsere Videofolge no1!
Fragen?
Wie man stressfrei im eigenen Leben kommuniziert? Dann ist Kommunikationstrainerin Barbara Wanning Deine Ansprechpartnerin.
Wer seine Geschichten oder Figuren mit Subtext unterlegen und in Konflikte stürzen möchte, melde sich bei mir. 🙂
Oder kommt in die „Erreichbar“ – Mehr als Worte:
Einmal im Monat besprechen wir Themen rund um die Kommunikation, um die Erreichbarkeit durch das Wort – aus Sicht einer Trainerin/Coach und einer Autorin/Schreibcoach.
Die Videos erscheinen im Wechsel auf unseren YouTube Kanälen (und sonstigen Social Media Kanälen) – zur Dialoggestaltung geht es hier entlang.
Wer bei Clubhouse registriert ist: auch hier wird demnächst ein Raum eröffnet.
Eigene Themen oder Fragen sind willkommen!